Welche "Haftungsmasse" steht den Gläubigern einer Unternehmergesellschaft zur Verfügung?
In §13 Absatz 2 GmbHG steht, dass den Gläubigern der Unternehmergesellschaft als Haftungsmasse lediglich das Gesellschaftsvermögen zur Verfügung steht. Die Gläubiger verfügen im Regelfall also nicht über die Möglichkeit, auf das Privatvermögen der Gesellschafter zuzugreifen.
Dies gilt selbst für den Insolvenzfall einer Unternehmergesellschaft. Dabei verlieren die Gesellschafter der Unternehmergesellschaft zwar Stammeinlage und Vermögen der Gesellschaft, nicht aber ihr privates Vermögen. Ausnahme: Sollten die Gesellschafter ihre Einlage noch nicht vollständig erbracht haben - was aber im Normalfall bei einer Unternehmergesellschaft gar nicht vorkommen sollte - so beschränkt sich ihre Haftung auf den noch ausstehenden Betrag.
Daneben gibt es mehrere Ausnahmen von der Haftungsbegrenzung. Nachfolgend einige Beispiele:
- In §5a Absatz 4 GmbHG findet sich der Passus, dass bei drohender Zahlungsunfähigkeit der Unternehmergesellschaft die Verpflichtung besteht, unverzüglich eine Gesellschafterversammlung einzuberufen. Bei Missachtung haften Geschäftsführer und Gesellschafter auch mit ihrem Privatvermögen.
- §69 AO sieht eine steuerliche Haftung bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit vor. Falls Sie beispielsweise als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer einer Unternehmergesellschaft "versäumen", die betrieblichen Steuererklärungen an das Finanzamt zu übermitteln und das Finanzamt daraufhin die Steuern schätzt, so haften Sie natürlich für diese geschätzten Steuern. Da hilft auch die Argumentation nicht, dass Sie in Steuerangelegenheiten "Laie" seien. Dazu nachfolgend ein aktuelles Urteil: Verwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 13. November 2015, Az. 5 K 526/15.
- Falls Sozialversicherungsabgaben nicht weitergeleitet werden, können Gesellschafter und Geschäftsführer ebenfalls mit ihrem Privatvermögen in Haftung genommen werden.
Die Beschränkung der persönlichen Haftung tritt für die Gesellschafter erst mit dem Tag der Eintragung der Unternehmergesellschaft in das Handelsregister ein, denn erst mit der Eintragung wird die Unternehmergesellschaft als eigenständiges Rechtssubjekt konstituiert und nimmt sodann "eigenständig" am Rechtsverkehr teil.
Sollten bereits vor der Eintragung Verbindlichkeiten im Namen der Unternehmergesellschaft aufgenommen worden sein, so können sowohl die jeweils Handelnden als auch die Gesellschafter persönlich in Haftung genommen werden. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang vom "Grundsatz der Unterbilanzhaftung".
Wie ist die Haftungsbeschränkung der Unternehmergesellschaft in der Praxis zu beurteilen?
Wie oben angeführt, werden Schulden der Unternehmergesellschaft im Normalfall nur aus dem Vermögen der Gesellschaft zu zahlen sein, nicht jedoch aus dem Privatvermögen des/der Gesellschafters.
Bei der Unternehmergesellschaft kommen dabei jedoch die gleichen Einschränkungen wie bei der GmbH zum Tragen:
Banken werden der Unternehmergesellschaft nur dann einen Kredit gewähren, wenn die Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen für die Rückzahlung des Darlehens eintreten bzw. persönlich die Haftung übernehmen oder der Bank andere Sicherheiten zur Verfügung stellen.
Nehmen Gesellschafter keine saubere Trennung zwischen ihrem Privatvermögen und dem Vermögen der Gesellschaft vor, d.h. werden Privat- und Gesellschaftsvermögen miteinander "vermischt" oder nehmen Gesellschafter die Unternehmergesellschaft zum Nachteil von Gläubigern aus, so kann eine sogenannte "Durchgriffshaftung" eintreten.
Auch der bzw. die Geschäftsführer der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) können in einer Reihe von Fällen privat in Haftung genommen werden – vgl. dazu meine Ausführungen unter "Organe".
Bezieht sich die Beschränkung der Haftung auch auf Gewährleistungs- und/oder Produkthaftungsfälle?
Nein! Ich denke hier beispielsweise an den nicht rechtzeitig erfolgten Rückruf wegen fehlerhafter Produkte. Hier gelten vielmehr die entsprechenden gesetzlichen Regelungen!
Autor: Alexander Sprick Rinteln
Kommentar schreiben